Eine Randnotiz.
Keine Politik und schon gar keine politische Ideologie – so wie wir sie kennen – ist perfekt. Es braucht vielmehr all diese politischen Richtungen. Konservativ, liberal, emotional- patriotisch aufs private Eigene und solidarisch und mit aufgeklärter Vernunft aufs globale Ganze gerichtet. Man muss diese Ideen und Kräfte nur immer wieder im rechten Maß und in der rechten Balance zueinander bringen. Ein Blick auf das Geschehen hier und draußen in der Welt und auf die Scheidelinien dazwischen und ebenso auf den Lebenszyklus jedes Einzelnen macht klar, dass Menschen aufeinander angewiesen sind, aber keiner des Glückes Schmied eines andern sein kann oder gar muss. Ob er will oder nicht.
Grönemeyer – Bleibt alles anders
Liberale verdrängen das Aufeinander- angewiesen- sein, Linke den Raubtiercharakter der Menschen. Beide unterschätzen die menschliche Natur, Konservative überbetonen sie. Alle zusammen vergessen, dass Widersprüche das Leben bestimmen oder sogar ausmachen, und zwar das Leben jedes Einzelnen ebenso wie das gesellschaftliche Leben.
Und dass Kompromisse und Toleranz und somit auch ein Teil Verzicht bis zu einem gewissen Grad daher konstititiver Teil des Menschseins sind, eine Art natürliche Dialektik des ‘Zwischenwesens’, die Widersprüche zwar nicht gänzlich aufhebt, aber situativ akzeptiert bzw. lebbar macht. Bis zu einem gewissen Grad und für eine Weile – aber nicht darüber hinaus und nicht für alle Zeit!
Grönemeyer – Land Unter
Bestehen diese Widersprüche nämlich unverbunden nebeneinander her oder werden sie sogar immer mehr ausgeweitet, ohne dass kontinuierlich nach dem Prinzip ‘try & error’ eine Klärung und ein Ausgleich von Interessen nach Art des Geben & Nehmen erfolgt oder werden sie sogar ideologisch aufgeladen und hochgezüchtet und eine jede These exklusiv zur einzigen (alternativlosen) Wahrheit stilisiert ( künstlich hochsterilisiert, wie wir Fußballer zu sagen pflegen 😉 ), wie man das von rechtem wie linkem Faschismus kennt, wächst die soziale Spannung, die Gesellschaft spaltet sich und eine Klärung der Widersprüche und ihre Aufhebung fordert und setzt erheblich mehr Energie frei, als wenn man beizeiten einen Ausgleich vorgenommen hätte. Ja, Demokratie lebt vom Wechsel, aber eben nicht von der Übergabe des Staffelstabs von einer Machtclique innerhalb einer gesellschaftlichen Partikulargruppe zur anderen, sondern von einem Konzept, einer Idee, einem Interessenschwerpunkt zum anderen.
Grönemeyer – Chaos
Es gibt zwei Zitate, die das Problem gut kennzeichnen: Anfang der 1990er Jahre sprach Fukuyama vom ‘Ende der Geschichte’, das ist ebenso absurd wie das Gauck- Zitat, dass nicht die Eliten, sondern die Bevölkerungen das Problem seien. Sowas gibt es nicht, weder eine Entwicklung ohne aufbrechende Widersprüche noch einseitige Verantwortung. Beide Aussagen negieren, dass Leben ein ständiger Balanceakt ist, bei dem die natürlichen Gegensätze immer wieder aufs Neue miteinander ausgeglichen werden müssen. Ruhe gibts genug nach dem Tod.
Oskar Lafontaine zu Flüchtlingspolitik und Nationalstaat = Sozialstaat
Oskar Lafontaine: Schlüssel für den Rechtsruck ist die verfehlte Flüchtlingspolitik – Alfred Schier im Dialog mit Oskar Lafontaine, Zusammenschnitt (Ersatzlink). Ganze Sendung: phoenix, 23.02.2018
Zitate Oskar Lafontaine: “Es gelingt mir nicht, Teile meiner Partei davon zu überzeugen, dass man mit 100 EUR in der Sahelzone viel mehr bewirken kann als mit 100 EUR hier. […]
Eine richtige Flüchtlingspolitik wäre […] dort zu helfen, wo die Hilfe am wirkungsvollsten ist, also, was den Vorderen Orient angeht, in den Lagern dort. Die [deutsche Flüchtlingspolitik] haben das ja mitgemacht, dass man die Rationen dort von einem Dollar pro Tag auf 1/2 runtergesetzt hat. […]
Der Satz: ‘Wir dürfen nicht zurück zum Nationalstaat’, der ist logisch leider völliger Unfug, denn selbst die [EU-] Kommission sagt, es müssen Aufgaben zum Nationalstaat zurückgegeben werden. […] Das entscheidende ist, dass der Nationalstaat weitgehend identisch ist mit dem Sozialstaat. Und wenn dann Leute, die sich fälschlicherweise als links verstehen, erzählen, der Sozialstaat ist eine nationalistische Verirrung, wir müssen ihn öffnen für die ganze Welt, dann mag das in studentischen Zirkeln diskutiert werden, ohner dass jemand aufschreit, aber die Arbeiter am Fließband, die sagen, die haben sie nicht mehr alle.”
Links:
Aufstehen – die Sammlungsbewegung (website aufstehen.de)
Inoffizieller Programmentwurf (Arbeitspapier ‘fairland’)
Wagenknecht- Lafontaine- Bewegung national- sozialistisch? (Bild)
Einer der führenden Denker der Sammlungsbewegung ist Bernd Stegemann. Hier ein Artikel von ihm in der ‘Zeit’ [E] zum Thema ‘Populismus der Mitte’: Der gute Mensch und seine Lügen
Grafik:
John William Waterhouse [Public domain], via Wikimedia Commons
Kommentar hinterlassen zu "‘Aufstehen’ – Die Sammlungsbewegung"