Lagerkampf. Immer härter, unversöhnlicher. Zwei Drohkulissen stehen am Horizont. Während die einen den Zerfall der europäischen Zivilisation durch einsickernde Gewaltkulturen heraufziehen sehen, beschwören die anderen eine rechtsextreme, revanchistische Gefahr für die multilaterale Weltordnung. Beide Monster sind mitten unter uns. Und daher in klassischen Schlachtaufstellungen nicht zu bekämpfen. Gefochten wird mit Bildern, Demonstrationen, Schuldzuweisungen, Statistiken, Abqualifizierung des Kontrahenten. Die Intensität mit der auf beiden Seiten um Moral und Wahrhaftigkeit gerungen wird, lässt erkennen, dass sich hier Überzeugungstäter gegenüberstehen. Verständigungsversuche und vereinbarte Waffenstillstände enden regelmäßig in Eskalation und Verbitterung. Nach den Scharmützeln sucht man Halt bei Seinesgleichen, um wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Während das Land in diesem Propagandakrieg gefangen ist, schafft das Geschäft mit der Migration noch immer unablässig Fakten.
Kriegen wir die Karre noch aus dem Dreck?
Schwierig. Denn das WIR existiert nicht mehr. Wo früher Ethnien, Nationen, Familien und Geschlechter waren, steht heute alles zur Disposition. Man wählt seine Zugehörigkeit, besser noch – man präsentiert seine Nichtzugehörigkeit. Die neuen Eliten gefallen sich in ihrer vermeintlichen Unabhängigkeit von allem bisher Gekannten. Um den Geruch des Asozialen zu vermeiden, werden in atemberaubendem Tempo neue Daseinskategorien erfunden, denen man sich zuordnen kann.
Die in der Regel deutlich älteren Kritiker der neuen Grenzenlosigkeit wiederum beharren auf den eingeführten, bis eben noch funktionierenden Ordnungen. Sie sind der schwindelerregenden Veränderungen überdrüssig. Sie registrieren die schwindende Sicherheit. Sie können dem neuen Menschenbild des geschlechts- und ruhelosen Wanderers zwischen den Welten, des Nomaden, des vielsprachigen Wanderarbeiters, des Kosmopoliten und immer häufiger auch kinderlosen Weltbürgers, nicht sonderlich viel abgewinnen.
“Deutschland wird auf Dauer eine ethnisch zerrissene Gesellschaft sein. […] Europa fängt an zu zerfallen, aufgrund einer Migrationspolitik, die so tat, als würde sie keine realen Probleme auslösen und als könne Deutschland einfach diktieren, was die anderen europäischen Staaten als vernünftige Politik schlicht und ergreifend zu akzeptieren hätten.” Prof. Werner Patzelt (CDU) zur aktuell düsteren Lage in Deutschland, 14.08.2018 (4:32 min). Ganzes Video (16:32 min) im frmfernsehen. (Ersatzlink)
Wo das Selbst derart undefinierbar bleibt, wo Sicherheiten schwinden, fungieren Feindbilder als Wegweiser. Hier kommen „die Rechten“, die „Populisten“, die „Ausländer“ oder die “Linksversifften“ ins Spiel. Aber auch die „Scheiß-Deutschen, Juden, Kanaken, Putinversteher und Trumpwähler.“ Wer mühsam seinen Schützengraben eingerichtet hat in dieser chaotischen Welt, verspürt kaum noch Ambitionen, sich auf die Gedankenwelt des Anderen einzulassen. Ziemlich oft habe ich das alttestamentarische Bild der babylonischen Sprachverwirrung bemüht. Das Bild lässt mich nicht los.
Lösungen, Verständigungen, so man die noch denken darf, können naturgemäß nur irgendwo in der Mitte gefunden werden.
Zwei zentrale, mögliche Übereinkünfte der Kontrahenten scheinen mir im blinden Wüten übersehen zu werden.
Estens. Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Herkunft ist seit langem rings um die Welt und selbstverständlich auch in unseren, west- wie ostdeutschen Städten Realität. Der Spruch „Ausländer raus!“ und „Deutschland den Deutschen!“ ist allein deshalb das Dämlichste und Überflüssigste was im politischen Diskurs zu finden ist. Dass diese einfache Wahrheit nicht längst in den Mittelpunkt des Agierens von Migrationskritikern gerückt wird, muss nachdenklich stimmen. Solange diese und ähnliche Slogans nicht verschwinden, werden überfällige politische Veränderungen nicht zustande kommen. Die Welt ist bunt und ich treffe nur sehr wenige Menschen, die glauben, dass das verändert werden muss.
Zweitens. Es kann angesichts der täglich stattfindenden Übergriffe und Gewaltexzesse nicht mehr wegdiskutiert werden, dass dieses friedliche Zusammenleben von Menschen aus aller Welt in unseren Städten gefährdet ist. Und zwar nicht ursächlich durch über Nacht erwachte Nazis, sondern durch Sozialisationen, die unsere Freiheit als Freifahrtsschein für religiösen Fanatismus, Gewalt, Betrug und sexuellen Missbrauch begreifen. Mit anderen Worten – solange zigtausende Straftäter und Fundamentalisten die öffentlichen Räume verunsichern, werden Deutschland und mit ihm Europa nicht mehr zur Normalität zurückfinden. Das Problem ist mit dem Verweis auf individuelle Einzelfälle nicht annähernd zu beherrschen, weil dies faktisch einer Kapitulation gleichkommt. So jedenfalls geht Migration schief!
Ausnahmslos alle Länder haben inzwischen strikte Begrenzungen für die Einwanderung eingeführt. Warum wohl? Die Antwort ist eindeutig und darf, nein sie muss von Seiten der Migrationsbefürworter endlich artikuliert werden. Dass unsere, nach vielen blutigen Kriegen erlangten Errungenschaften, die da Demokratie, Freiheit und Menschenwürde heißen, nur in geschützten Räumen überleben können.
Autor: Rocco Burggraf
Titelbild: Musée d’Art et d’Histoire [Public domain], (via Wikimedia Commons) oder
Titelbild: Lucas van Valckenborch [Public domain], (via Wikimedia Commons)
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