[Von Gastautor] Ich lebe seit mehr als 25 Jahren in einem islamischen Staat in Asien und bin mit einem Muslim verheiratet.
Mein Mann und ich hatten Hunderte von kleinen und großen Auseinandersetzungen. Als da wären: Die Hunde, die ich mit in die Ehe gebracht habe, dürfen nicht ins Haus. Die waren aber ans Haus gewöhnt und haben sich durch Verbote meines Mannes wenig beeindrucken lassen. Die Hunde sind im Haus. Manche Freunde und ein Teil der Familie meines Mannes betreten unser Haus nicht, weil es durch die Hunde unrein ist. Es war schwierig für uns, Kompromisse zu finden. Wir haben Hühner, die ab und zu ins Haus kommen und nicht selten finde ich Hühnerkacke im warsten Sinne des Wortes. Ich wollte die Hühner einsperren, weil Hühnerkacke im Haus geht gar nicht. Für meinen Mann sind auch die Hühner Geschöpfe Gottes und wenn Hunde im Haus sein dürfen, warum dann keine Hühner, die uns mit Eiern versorgen? Richtig! Mit deutscher Logik ist dem nicht beizukommen.
Unsere Tochter darf vor der Ehe keinen Sex haben. Das Kind hat eine deutsche Mutter, das Kind muss sich ausprobieren. Und Ehe ohne vorher Sex gehabt zu haben, geht gar nicht. Mein Mann liebt Menschen, hat die Freunde meiner Tochter immer sehr nett und lieb behandelt, aber als Freund, nicht als Vater, etwaige Übernachtungen von Freunden hat mein Mann ausgeblendet, Tabu, das will ich nicht sehen und sehe ich auch nicht. Es gab viele Diskussionen, dass ich mit meiner Einstellung die Zukunft unserer Tochter ruiniere. Ich glaube, dass dieses Kind trotz seiner Mutter seinen Weg macht, nicht dem Sexwahn verfallen ist, macht meinen Mann wahnsinnig stolz.
Der Mann ist der Boss, oder?
Der Mann ist der Boß. Auch wenn er mal keine Ahnung hat, seine Frau aber schon, hat der Mann der Boß zu sein. Das ging mit mir leider nicht. Im Gegenzug dazu durfte der Boß dann auch mal schwach sein und Schwächen eingestehen. Wir führen eine sehr gleichberechtigte Ehe, in der wir mittlerweile miteinander reden können und mein Mann zum ersten mal in seinem Leben Mensch sein darf und auch Schwächen haben kann. Ich zum ersten mal in meinem Leben einen Partner habe, der darauf achtet, dass keiner meine Ehre verletzt. Beispiel: Ein arabischer Tourist hat versäumt zu fragen, ob er im Restaurant einen Stuhl von meinem Tisch entfernen darf, er hat ihn genommen. Ich fand es unhöflich, hätte nichts gesagt, mein Mann verstand es als Affront und Respektlosigkeit und hat den Araber zur Rede gestellt, wie er eine Frau derart respektlos behandeln kann. Fand ich gut.
Reden ist aber so gar nicht die Kultur meines Mannes. In seiner Familie ist nicht geredet worden. Das gemeinsame Leben wurde mittels Gewalt kontolliert. Probleme wurden tabuisiert, Wünsche wurden tabuisiert. Seit Einführung des Fernsehens fand das Familienleben vor dem Fernsehen statt. Schön sorglos miteinander und wenn man nicht reden kann, schaut man gemeinsam einen Bollywood Film, und beim nächsten Problem gibts Schläge, aber auch die kann man bei einem schönen Film im Kreise der Familie vergessen. Zu reden war am Anfang schwierig, weil mein Mann nie zuvor ehrlich geredet hat. Es hat so viel Zeit gebraucht.
Was ich sagen will, ist, dass wir viele Probleme hatten und haben, die ein Paar, das aus dem gleichen Kulturkreis kommt, nicht hat. Wir haben oft überlegt, ob wir uns trennen sollen, weil die unterschiedlichen Kulturen so unüberbrückbar waren, die unterschiedliche religiöse Überzeugung. Aber es gibt etwas, das uns zusammenschweißt und uns immer wieder Kompromisse eingehen läßt, weil wir nicht ohne einander sein wollen. Ich bin zu Kompromissen fähig, die ich für unmöglich gehalten hätte und das Gleiche gilt für meinen Mann.
Freiräume
Wenn er heute 5 mal am Tag betet und er das braucht, soll er. Wenn er den Hunden zum 1000 mal erklärt, dass sie ihn nicht lecken dürfen, soll er. Wenn ich unbedingt eine Bratwurst brauche, darf ich ohne jegliche Kritik und wenn die Hunde mir mal wieder die Hände schlecken werde ich dadurch nicht unrein. Und wenn meine Tochter Trost braucht, wenn in der Beziehung was schief läuft, hat sie mich.
Mein Mann ist mein Lehrer, mein Schüler, mein Beschützer, mein Liehaber und mein Freund und ich glaube, mein Mann würde mir die gleichen Attribute zuschreiben. Wir können zusammen lachen und weinen, reden und schweigen. Fremdgehen ist kein Thema zwischen uns. Dafür sind wir zu ehrlich und zu egoisisch. Wenn einer von uns fremdgehen wollte, würden wir das ohne Lügen und Versteckspiel auskosten wollen und würden wissen, dass wir auch darüber reden können, denn unsere Multi Kulti Beziehung hat uns schon andere Dinge überstehen lassen.
Es gibt Sachen, die wir nicht zusammen können. Es gibt kulturelle oder religiöse Konditionierungen, die uns trennen und die wir nicht überwinden können. Es ist ein Segen des Alters, auch das akzeptieren zu können. Wir beide verbringen viel Zeit alleine, das heißt nicht mit dem Partner und auch diese Freiheit braucht eine multikulturelle Beziehung. Wir haben gelernt, uns diesen Raum zu geben und die Zeit miteinander zu genießen.
Das Private ist nicht das Politische
Ich schreibe all diese privaten Dinge, um zu sagen, wie schwer es ist, sich insbesondere als Muslim / nicht Muslim zu verstehen. Es hat uns Jahre gekostet, viel Verständnis gekostet, viele Kompromisse, viele Tränen und es ist Liebe involviert, die einem die Vorstellung unmöglich macht, das Leben ohne den Anderen zu leben.
Ich wundere mich über das Selbstbewußtsein der Gutmenschen, die meinen, ein solches Miteinander über einen Integrationskurs bewältigen zu können, die meinen, dass sie den armen Flüchtling jetzt erstmal umerziehen und seine Werte vergessen lassen, weil ihre Werte ja schließlich die besseren sind. Wären mir die Werte meines Mannes im Rahmen eines Integrationskurses vermittelt worden, hätte ich sie weggelacht.
Liebe Gutmenschen, stellt Euch doch einfach mal vor, Ihr würdet einen Integrationskurs in Saudi Arabien machen und Ihr müßtet lernen, dass Homosexualität so schlecht ist, dass sie mit dem Tode bestraft werden muß. Könntet Ihr Eure Werte vergessen? Nein, könntet Ihr nicht. Und genau so überzeugt, wie Ihr sein würdet, dass deren Wertesystem falsch ist, genau so überzeugt sind viele derer, die gekommen sind, dass unser Wertesystem falsch ist. Da hilft kein Kurs. Der Anreiz ist in den allermeisten Fällen das Geld, das der deutsche Steuerzahler aufbringt.
Ich glaube, dass Deutschland schon jetzt mit muslimischen Ausländern, die in Deutschland leben, mehr als überfordert ist, und bevor man die Tore für wartende Wirtschaftsmigranten und Familienangehörige öffnet, sollte man sich ehrlich die Frage stellen, ob die Integration von Muslimen überhaupt möglich ist. Die Gutmenschen Professor Higgins My Fair Lady Mentalität ist in meinen Augen wenig geeignet. Und als Ehefrau kann ich meinen Mann 5 mal am Tag beten lassen (auch wenns nervt), als Arbeitgeber würde ich das anders sehen.
Liebe Gutmenschen, vielleicht sollte man manchmal auch seinen Verstand gebrauchen, anstatt ständig die Selbstüberhöhung anzustreben und “arme Flüchtlinge” zum Objekt der positiven Begierde zu machen und “wütende Deutsche” zum Objekt der negativen Begierde zu machen. Schön wärs, wenn wir in Deutschland mal wieder unseren Verstand gebrauchen würden und den Neokolionalismus, der die Herrschaft über die Menschen, nicht das Territorium anstrebt, einfach mal beiseite lassen würden.
Wenn das passiert, würdet Ihr vielleicht auch sehen, dass es deutsche Obdachlose, Rentner, Alleinerziehende gibt, die ein wenig Hilfe gebrauchen könnten, auch wenn die sich nicht so gut zur Umerziehung eignen.
Autor: Gastautor
Titelbild:
Berthold Werner [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Beitragsbilder:
Carlo Bossoli [Public domain], via Wikimedia Commons,
Nasreddine Dinet [Public domain], via Wikimedia Commons
Hört sich für mich mehr nach einem Kommentar eines/einer Rechten mit ausnahmsweise mehr als 25 IQ an…
Sehr schönes Märchen.. wer´s glaubt, wird selig. Die Message ist allerdings sehr gut und richtig. Bloß, ob es was nützt, wenn man die Wahrheit in buntes, hübsches Geschenkpapier verpackt, wenn die Menschen doch vor Blind- und Dummheit nicht in der Lage sind, zu begreifen… ?
Sehr ehrliches Mit-Teilen von einer Frau, die offen-sichtlich durchlebt, durchreift und erfahren hat, was diese Auseinandersetzung mit einem Menschen macht, und dass nur mit Liebe zu überbrücken ist- zu der frau/mann sich immer wieder neu entscheiden muss!!!! was kulturell / ideologisch / weltanschaulich trennt. Vielen Dank für den Beitrag!
Was wird über dieses Thema geschrieben und diskutiert. Mit diesem Beitrag muß nunmehr ein neues Denken einsetzen. Danke dafür.
Schöne Gedanken. Danke.